Neuer Spanien-Podcast: Sangría – und sonst?

Heute möchte ich Euch einen brandneuen Podcast vorstellen, in dem monatlich Themen präsentiert werden sollen, die Spanien beschäftigen. Er heisst Sangría – und sonst?

Moderiert und gestaltet wird der Podcast von zwei Journalistinnen: Julia Macher berichtet aus Barcelona, Antonia Schäfer aus Madrid. Bereits die erste Episode zeigt, dass diese Verortung nicht bedeutet, dass sich die beiden Podcasterinnen auf die beiden Metropolen beschränken, sondern auch aus anderen spanischen Regionen berichten, die thematisch jeweils relevant sind. Julia Macher ist seit vielen Jahren als freie Journalistin tätig und arbeitet u.a. für die Wochenzeitung die ZEIT oder auch für den Deutschlandfunk und die Blätter für deutsche und internationale Politik. Antonia Schäfer ist ebenfalls als freie Journalistin tätig und arbeitet ebenfalls für die ZEIT, Die Deutsche Welle und den Spiegel. Während ich Julia Macher vor allem dafür schätze, dass sie immer wieder spannende Themen aus der vermeintlichen spanischen Provinz für ein deutsches Publikum aufbereitet, kannte ich Antonia Schäfer bisher vor allem durch ihre Videobeiträge aus Kolumbien, von wo sie 2 Jahre berichtet hat.

Cover des Spanienpodcasts mit Porträts der beiden Journalistinnen Julia Macher und Antonia Schäfer, das Copyright liegt bei den beiden Autorinnen.

Gute persönliche, kulturelle und fachliche Voraussetzungen also für einen inhaltlich wertvollen Podcast, der nicht nur Klischees bedienen will. Die erste Episode hat mich überzeugt. Es geht um Overtourism in Spanien und wie Spanien in verschiedenen Regionen – im Mittelpunkt des Podcasts stehen Barcelona, Mallorca und Teneriffa – mit diesem umgeht. Die beiden stützen ihre differenzierten Aussagen auf Interviews, die sie im Rahmen ihrer Aufträge führen/geführt haben. Es geht also weniger um die eigene Einschätzung, sondern um die Vermittlung der spanischen Wahrnehmung des Themas. Die beiden wechseln sich gut ab und führen das Gespräch fragegeleitet.
Der Podcast ist technisch sehr solide produziert und kommt glücklicherweise auch ohne den inzwischen vielfach üblichen Podcast-Schnickschnack (z.B. unterlegte Musik, Werbeunterbrechungen, Jingles und andere hektische Audio-Einsprengsel) aus, der mich so nervt. Zumindest bei der ersten Episode bleiben sie unter einer Stunde Laufzeit, was ich auch sehr angenehm finde.

Einen Punkt würde ich anders machen: Es könnte mehr O-Töne geben, die dann in deutscher Sprache kurz zusammengefasst werden. Ich bin überzeugt, dass viele Spanien-begeisterte Hörerinnen und Hörer dieses Podcasts des Spanischen so weit mächtig sind, dass sie grob folgen können bzw. durch die Zusammenfassung erfahren, wie viel sie verstanden haben 😎. Rieke Havertz und Klaus Brinkbäumer machen das in ihrem Podcast Okay, America? beispielsweise sehr gut, indem sie immer wieder an zentralen Stellen englische O-Töne bringen, die sie dann in deutscher Sprache zusammenfassend wiedergeben.

Ich jedenfalls wünsche dem Podcast viel Erfolg und ein langes Leben und freue mich auf die nächste Episode. Ich finde es toll, dass regelmässig aus Spanien über Spanien berichtet wird.

Hier geht es zur Homepage des Podcasts: https://sangria-und-sonst-der-spanien-podcast.simplecast.com

Podcast-Empfehlungen

In meinem aktuellen Newsletter auf Substack empfehle ich drei Podcast-Episoden aus der spanischsprachigen Kulturwelt. Hier sind die Empfehlungen auf Deutsch:

Asunción Gómez-Pérez, neues Mitglied der RAE

Das Thema Künstliche Intelligenz nimmt zum ersten Mal Platz im Plenum der Königlichen Spanischen Akademie (Real Academia Española, RAE). Asunción Gómez-Pérez, promovierte Informatikerin, wurde als neues Mitglied der RAE gewählt. Sie übernimmt den vakanten Sitz q (silla q).

Asunción Gómez-Pérez (Foto stammt aus El País)

Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Semantic Web und Ontologie-Engineering. Sie ist damit die zwölfte Frau, die Einsitz im Plenum nimmt. Sie bringt ein völlig neues Profil mit, das der Institution viele neue Anstösse geben könnte. So zum Beispiel, wenn es um die Weiterentwicklung von Wörterbüchern oder automatische Übersetzungen geht. Auch die RAE durchläuft zur Zeit einen Prozess der digitalen Transformation. Das ist für eine altehrwürdige und geisteswissenschaftlich geprägte Institution sicherlich nicht immer ganz leicht.

RNE unterhielt sich mit Gómez-Pérez an der Polytechnischen Universität Madrid, wo sie als ordentliche Professorin arbeitet. Mit ihrer pragmatischen Sichtweise in Bezug auf Anglizismen und ihrem technischen Hintergrund könnte Gómez-Pérez eine erfrischende Ergänzung für das Plenum sein. Ich bin gespannt, wie sich ihr Einfluss entwickeln wird. Hier ist das Interview mit ihr

El Ponte – Kulturbrücken bauen

El Ponte ist ein ganz neuer Podcast, der Geschichten, Verbindungen und Kulturen des Ladino, der Sprache der sephardischen Juden in der Diaspora, beschäftigt. Obwohl die Sprache derzeit eine Randerscheinung ist, lebt Ladino von den Überschneidungen seiner vielen Einzelelemente, wie Spanisch, Portugiesisch, Hebräisch, Türkisch, Griechisch, Italienisch, Französisch, Arabisch und mehr fort. Als Gastgeber diskutieren Max Daniel und Ivy Jane aus Los Angeles über Themen wie Ort, Heimat, Diaspora, sprachliche und kulturelle Weitergabe und Gemeinschaft. In jeder Folge interviewen sie Gäste aus der ganzen Welt über ihre Beziehungen zum Ladino. Wenn Sie sich für Sprachen allgemein, die spanischsprachige Welt, die jüdische Kultur oder eben die vielen Überschneidungen zwischen diesen Themen interessieren, überqueren Sie diese „Brücke“, indem Sie in die Einstiegsfolge des Podcasts reinhören.
Ich finde es sehr interessant, dass zwei junge Menschen den Podcast starten. Ladino ist inzwischen viel mehr als ein nostalgisches Gefühl für ältere Menschen oder eine Nische für Hispanisten oder Hispanistinnen. Soweit ich weiß, ist es auch der erste englischsprachige Podcast über Ladino, und ich hoffe, dass er das Interesse derjenigen wecken wird, die mehr über diesen Teil der spanischen Sprachgeschichte erfahren wollen. Hier ist der Link zu ihrer ersten Folge.

Ich wünsche den beiden alles Gute und eine aufmerksame Zuhörerschaft.

Luisa Etxenike, Cruzar el agua

Susana Santaolalla, die Moderatorin der klassischen Radiosendung Libros de arena, ist immer sehr enthusiastisch, wenn sie über Literatur spricht; aber es war faszinierend, ihrem lebhaften Gespräch mit der spanischen Schriftstellerin Luisa Etxenike über ihr neues Buch Cruzar el agua (Das Wasser überqueren) zu folgen.

In dem Buch geht es um das Thema Einwanderung, das aus einem anderen Blickwinkel betrachtet wird. Manuela hat Kolumbien mit ihrem Sohn verlassen, der seit einem Jahr nicht mehr spricht. Sie arbeitet nun im Haus von Irene, die durch einen Unfall erblindet ist. Irene versucht, jeden Tag allein im Meer zu schwimmen, obwohl das Risiko besteht, dass sie die Wellen nicht früh genug sieht und sie ihr Leben gefährdet. Als die beiden Frauen beginnen, miteinander zu sprechen, kommen nach und nach die Ereignisse ans Licht, die das Leben der drei verändert haben – mit unerwarteten Folgen.

Ich habe dieses Gespräch mit seiner positiven Ausstrahlung sehr genossen und freue mich darauf, das Buch zu lesen. Extenike ist eine humanistische Autorin und mir gefällt der zentrale Gedanke des Romans, dass die Entwurzelung durch Vertreibung oder Emigration auch eine Befreiung sein kann.

Hier ist der Podcast: Libros de arena: Luisa Etxenike, Cruzar el agua

Viel Spass beim Hören dieser Podcast-Folgen!

Die englische Version des Newsletters findet sich wie immer auf Substack.

Colombia Calling: Hörenswerter Podcast aus und über Kolumbien

Mit über 300 Folgen ist der Journalist und Hotelier Richard McColl längst ein Podcast-Veteran. Wöchentlich berichtet er in englischer Sprache aus Bogotá und damit „2600 metres closer to the stars“. Sein Podcast besteht aus einem Newsteil, den Adriaan Alsen von Colombia Reports aus Medellín beisteuert, und einem Interview mit thematischem Schwerpunkt. McColl selber beziffert die wöchentlichen Downloads auf etwa 10’000. Das ist eine sehr gute Zahl, wenn man bedenkt, dass er mit seinem Angebot eine Nische bedient. Wer will schon nach Kolumbien? Sein Zielpublikum besteht zum einen aus Expats in Kolumbien, vor allem aber aus Menschen, die gerne für kürzer oder länger nach Kolumbien reisen und sich jenseits der gängigen Klischees informieren möchten.

Quelle: Facebook-Seite, @ColombiaCalling

Aktuelle Episode zu Umweltproblemen Kolumbiens

Gerade die aktuelle, letzte Podcast-Episode des Jahres 2019 fand ich besonders informativ. Mit der Wissenschaftskommunikatorin Juliana Cuccaro spricht er über die drängendsten Umweltfragen Kolumbiens: Da sind zum einen das Fracking, in das die kolumbianische Öl- und Gasfirma Ecopetrol in den nächsten Jahren massiv investieren möchte. Erdöl ist eines der wichtigsten Exportgüter des Landes. Ein anderer ökologischer Dauerbrenner ist Glyphosat, dessen Einsatz zur Ausmerzung von Koka-Pflanzungen 2015 von der kolumbianischen Regierung unter Santos ausgesetzt wurde, nun aber von der Regierung Duque wieder eingefordert wird, weil sie keine anderes einfaches Mittel finden, um den Anbau der Koka-Pflanzen einzudämmen. Sehr engagiert und kenntnisreich ist Cuccaro auch bei der Diskussion um die Gefährdung der Páramos. Die Páramos sind eine in den Anden typische Hochlandsteppe, die ein wichtiges Wasserreservoir bilden. Mehrere dieser Ökosysteme sind in Kolumbien durch Bergbauprojekte bedroht z.B. in Cruz Verde, das eine wichtige Rolle in der Wasserversorgung Bogotás spielt.

Vielfältiges Themenspektrum

Die aktuelle Episode geht auf einen Hörerwunsch zurück, was wenig verwundert, denn viele Touristen kommen wegen der Biodiversität und Schönheit der Landschaft nach Kolumbien. Dank seines Netzwerks kann Richard McColl insgesamt ein grosses Themenspektrum abdecken. Da geht es – mit Blick auf das Zielpublikum und das eigene wirtschaftliche Interesse McColls (er betreibt mit seiner Frau ein Hotel in Mompós) – oft um Tourismus (z.B. LGBT-Travel, die Musikszene in Cali oder eine Erkundung des Darién, der Grenzregion zu Panamá) oder die Möglichkeiten, sich als Expat in Kolumbien eine eigene Existenz aufzubauen. Er bringt aber auch immer wieder gute Hintergrundberichte zur aktuellen politischen Lage Kolumbiens. Angesichts der starken Polarisierung der kolumbianischen Öffentlichkeit bin ich manchmal ganz froh, wenn ich mich bei ihm in einer halben Stunde recht ausgewogen informieren kann.

Podcast mit viel Potenzial

Manchmal hört McColl sich gerne selber reden. Da denke ich, er hält sich für den ultimativen Kolumbien-Kenner; aber letztlich hat er ein wirklich gutes Händchen dafür, immer wieder kompetente Gesprächspartner für seinen Podcast zu gewinnen. Er ist gut vernetzt. Teilweise lässt ab und an die Audio-Qualität zu wünschen übrig, insbesondere dann, wenn viele Nebengeräusche und Rauschen das Hörvergnügen stören. Doch man darf auch nicht vergessen, dass viel Freizeit in diesen Podcast fliesst – sowohl von Seiten McColls als auch seiner Gesprächspartner. Viele der Interviewten haben offensichtlich kein professionelles Equipment und nutzen Skype für die Interviews. Mit etwas besserer finanzieller Ausstattung könnte die technische Qualität vermutlich schnell verbessert werden. Es scheint so, dass McColl auch auf der Suche nach neuen Geldmitteln für seinen Podcast ist:

Ich jedenfalls wünsche Richard McColl weiterhin viel Erfolg mit seinem Podcast und hoffe, dass er langfristige Sponsoren findet. Der Podcast kann über alle gängigen Podcast-Apps gehört und heruntergeladen werden.